Der Gedanke, die Laufbänder im Studio gegen frische Winterluft zu tauschen, klingt verlockend — und ist oft gesünder, als viele denken. Kardiologen sehen Spaziergänge an kalten Tagen nicht als bloße Notlösung, sondern als effektive Alternative für Herz und Kreislauf. Wichtig ist allerdings die richtige Dosierung: Tempo, Kleidung und Vorsicht bei Vorerkrankungen machen den Unterschied.
Warum ein Winterspaziergang Ihrem Herzen gut tut
Kurze Erklärung: moderates Ausdauertraining erhöht die Herzleistung ohne extreme Belastung. Ein zügiger 30–60-minütiger Spaziergang steigert die Durchblutung, senkt den Blutdruck langfristig und verbessert die Gefäßfunktion. Studien zeigen, dass regelmäßiges Gehen das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall signifikant senkt — oft vergleichbar mit anderen moderaten Sportarten.
Ein kleiner, überraschender Fakt: kalte Luft kurbelt den Energieverbrauch an, weil der Körper mehr Wärme produzieren muss. Das verbrennt zusätzlich Kalorien und aktiviert braunes Fettgewebe — kein Ersatz für Training im Gym, aber ein zusätzlicher Vorteil.

Wie intensiv sollte ein Spaziergang sein?
- Orientierung: moderate Intensität entspricht etwa 50–70% Ihrer maximalen Herzfrequenz (220 minus Lebensjahr).
- Praktisch: wenn Sie noch sprechen, aber nicht singen können, sind Sie in der richtigen Zone.
- Tempo: 5–6 km/h gilt oft als zügiges Gehen; für fitte Personen sind Intervallphasen mit kurzen schnellen Abschnitten sinnvoll.
Tipps vom Kardiologen — sicher und effektiv
Ich habe mit mehreren Kolleginnen gesprochen: die Empfehlungen sind pragmatisch. Beginnen Sie mit 10 Minuten Aufwärmen im Raum, dann raus — 30 bis 60 Minuten an mindestens fünf Tagen pro Woche ist das Ziel (oder 150 Minuten moderat pro Woche gemäß WHO).
Konkrete Punkte, die wirklich zählen:
- Schichtenprinzip bei Kleidung: Merino-Unterwäsche, isolierende Mittelschicht, winddichte Außenschicht. Marken wie Meindl oder Salomon sind hier keine Luxusoption, sondern praktisch.
- Rutschfeste Schuhe: gute Profilsohlen reduzieren Sturzrisiko — in München und Berlin sieht man im Winter viele Leute auf grobstolligen Trekkingschuhen.
- Puls kontrollieren: einfache Pulsuhren oder Smartphone-Apps helfen, in der richtigen Zone zu bleiben.
- Warm-up/Cool-down: 5–10 Minuten langsames Gehen am Anfang und Ende.
Für wen Vorsicht geboten ist
Wenn Sie bereits Herzerkrankungen, Bluthochdruck oder Angina pectoris haben, sprechen Sie zuerst mit Ihrem Kardiologen. Kalte Luft kann kurzfristig Blutdruck und Gefäßwiderstand erhöhen — plötzliche, intensive Belastung draußen ist für gewisse Patienten riskant. Tragen Sie stets Ihre Medikamente bei sich und gehen Sie im Zweifel in Begleitung.
Ältere Menschen sollten Schrittlänge und Tempo reduzieren, Poles (Nordic Walking) nutzen — das verbessert Stabilität und vermindert Herzspitzenbelastungen.

Ein konkreter Plan für den Alltag
- Montag, Mittwoch, Freitag: 40 Minuten zügiges Gehen (inkl. 5 min Aufwärmen)
- Dienstag: 20 Minuten lockeres Gehen + 10 Minuten leichte Mobilitätsübungen zu Hause
- Wochenende: Längerer Spaziergang 60–90 Minuten, langsameres Tempo, Landschaft genießen
Packen Sie eine Thermoskanne mit Tee, planen Sie attraktive Routen — etwa entlang der Alster, durch den Englischen Garten oder an der Isar. Das erhöht die Motivation mehr als jedes Abo im Fitnessstudio.
Mein ehrlicher Eindruck
Nach Jahren im Journalismus und Gesprächen mit Kardiologen glaube ich: Wer konsequent geht, bekommt mehr als nur Bewegung. Sie bekommen bessere Laune, weniger Büro-Stress und ein Herz, das leiser arbeitet. Natürlich ersetzt ein Spaziergang nicht immer gezieltes Krafttraining oder medizinisches Rehab-Programm. Aber für viele Erwachsene ist er die praktikabelste, nachhaltigste und oft unterschätzte Variante, Herzgesundheit zu fördern.
Wollen Sie Ihren Winterlaufplan testen? Probieren Sie eine Woche konsequentes Gehen und vergleichen Sie, wie Sie sich fühlen — schreiben Sie gern in die Kommentare, wo Sie gehen (Alster, Tiergarten, Isar?) und ob Sie Unterschiede beim Blutdruck oder Schlaf bemerken.
