Psychologe erklärt: Warum Dezember so anstrengend ist

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Dezember fühlt sich für viele wie ein mentaler Marathon an: weniger Tageslicht, mehr Termine, höhere Erwartungen — und die Erschöpfung kommt schneller als der erste Glühwein. Als Psychologe mit mehr als zehn Jahren Praxis sehe ich im Dezember jedes Jahr dieselben Muster. Es sind keine Einzelfälle, sondern eine Mischung aus Biologie, Kultur und Alltagslogistik, die Sie ausbremst.

Die biologischen Grundlagen: Licht, Hormone, Biorhythmus

Kurz erklärt: Kürzere Tage bedeuten weniger Sonnenlicht, das unser Schlaf-Wach-System steuert. Weniger Licht → mehr Melatonin → Müdigkeit. Gleichzeitig kann die Serotoninproduktion leiden, was Stimmung und Antrieb beeinträchtigt.

Ein „Wow“-Fakt: Schätzungen zufolge leiden in unseren Breiten 2–6 % der Menschen an einer saisonalen Depression (SAD); deutlich mehr erleben milde, aber belastende Stimmungsschwankungen. Das ist kein Luxusproblem — es hat reale physiologische Grundlagen.

Soziale und kulturelle Faktoren

  • Weihnachtsmärkte, Familienfeiern, Betriebsweihnachtsfeiern: Soziale Verpflichtungen häufen sich.
  • Geschenke, Budgetplanung, Einkaufsstress — besonders in Städten wie Berlin, München oder Köln werden die Innenstädte enger.
  • Das Kalenderende: Ziele müssen erreicht, Jahresabschlüsse gemacht, Berichte fertiggestellt werden. Der „Jahresendspurt“ ist real.

Das Ergebnis ist eine doppelte Belastung: biologisch angeschlagen, sozial überladen.

Alltagsmechanik, die erschöpft

Hinzu kommen praktische Störfaktoren: Schlafrhythmus bricht zusammen (Feiern, Schichtarbeit, Reisen), Bewegung nimmt ab, Alkohol- und Zuckerzufuhr steigt — beides verstärkt Stimmungsschwankungen. Und digitale Überstimulation durch Werbung, Geschenkideen und Social‑Media‑Vergleiche trägt sein Übriges bei.

Konkrete, sofort umsetzbare Strategien

Sie brauchen keine radikalen Veränderungen, sondern pragmatische Schritte. Probieren Sie dies in den nächsten zwei Wochen:

  • Morgendosis Licht: 20–30 Minuten Tageslicht draußen oder eine Lichttherapie-Lampe (10.000 Lux) am Morgen kann viel bewirken.
  • Schlaf-Routine: Feste Bettzeiten, digitale Geräte 60 Minuten vor dem Schlafen ausschalten, kühle, dunkle Schlafumgebung.
  • Priorisieren statt perfektionieren: Schreiben Sie drei wirklich wichtige Aufgaben pro Tag auf — der Rest kann warten.
  • Sagen Sie bewusst „nein“: Wählen Sie zwei soziale Termine pro Woche, die Ihnen Energie geben, statt alles mitzunehmen.
  • Bewegung als Stimmungsbooster: 20 Minuten zügiges Gehen täglich, auch bei Kälte — das hebt die Stimmung nachhaltiger als ein weiterer Glühwein.
  • Budget-Plan: Setzen Sie ein Geschenkebudget und halten Sie sich daran. Finanzstress ist ein unterschätzter Belastungsfaktor.

Wenn es mehr ist als „nur stressig“

Wenn Sie merken, dass Erschöpfung mit anhaltender Hoffnungslosigkeit, Antriebslosigkeit oder Schlafverlust einhergeht, sollten Sie das ernst nehmen. Sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt oder einem Psychotherapeuten — oft hilft schon ein kurzes Gespräch oder eine angepasste Lichttherapie.

Ein persönliches Wort

Ich habe in Beratungen oft erlebt, wie kleine Änderungen — weniger Veranstaltungen, mehr Morgenlicht, ein festes „Kein-Job-Abend“ — den Dezember weniger überwältigend machen. Es geht nicht darum, alles perfekt zu machen, sondern Ihre Ressourcen klug einzuteilen.

Welche Strategie wollen Sie als Erstes ausprobieren? Teilen Sie Ihre Erfahrungen oder Fragen — andere Leserinnen und Leser profitieren davon.