Die faszinierende Geschichte der Handtasche – legendäre Klassiker, die wir nie vergessen

Spread the love

Im 20. Jahrhundert avancierte die Handtasche zum wohl begehrtesten Accessoire und zur Goldgrube für Modehäuser – zusammen mit Parfüms eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen. Vintage-Taschen bekannter Marken sind heute begehrter denn je und erzielen auf Auktionen oft erstaunliche Preise. Wer auf der Suche nach einem Klassiker aus zweiter Hand ist, kann mit ein paar Tricks echte Schätze finden.

Früher nahmen Frauen kaum mehr als ein paar Münzen, ein Häkelstück und allenfalls einen Fächer mit – die Handtaschen des 19. Jahrhunderts waren entsprechend klein. Erst mit den selbstbewussteren Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts und dem Siegeszug der Schultertasche änderte sich das Bild. Coco Chanel darf hier als echte Trendsetterin gelten.

„Chanel entwarf Ende der 1920er-Jahre ein Vorbild für die heute berühmte Schultertasche 2.55 zunächst für den Eigengebrauch,“ erzählt Malin Sveholm, Vintage- und Modeexpertin bei Auctionet und in der schwedischen Antik-Sendung bekannt. „Wenig später folgte Elsa Schiaparelli mit einem eigenen Modell. Beide waren Frauen, die Mode neu dachten – Chanel mit ihrem Fokus auf Funktionalität, Schiaparelli als Vertreterin künstlerischer Innovation.“

Mit der gesellschaftlichen Emanzipation der 1930er-Jahre wurden Taschen zu unverzichtbaren Begleitern. Viele heute bekannte Varianten entstanden in dieser Zeit. Für abendliche Anlässe wählten stilbewusste Damen gerne eine edle Minaudière – oft mit funkelnden Edelsteinen besetzt und gefertigt aus Gold oder Silber. Van Cleef & Arpels in Paris stellte sie als Erste vor.

Der Zweite Weltkrieg veränderte in den 1940er-Jahren das Leben und sorgte dafür, dass Frauen robuste, geräumige Taschen brauchten – schließlich übernahmen sie zunehmend Tätigkeiten, die zuvor Männer vorbehalten waren.

In den 1950er-Jahren setzte Christian Dior auf abgestimmte Accessoires zu seinen berühmten „New Look“-Ensembles: Handtaschen, Hüte und Schuhe wurden mit weiten Röcken und taillierten Anzügen kombiniert. Die Taschen dieser Zeit waren groß und oft mit festen Henkeln, aber auch schmale Clutches erfreuten sich großer Beliebtheit.

Chanel feierte mit dem Modehaus ihr Comeback: Ihre gesteppte 2.55 mit goldfarbener Kette wurde zur stilprägenden Ikone. 1983 brachte Karl Lagerfeld die Flap Bag als Neuinterpretation heraus – der Beginn einer neuen Modeära.

Ab den 1960er-Jahren produzierten Modehäuser verstärkt Accessoires in Serie – von Schuhen über Taschen bis zu Schmuck und Tüchern. Eine Tasche wurde zum unverzichtbaren Statement. So richtig explodierte der Taschenkult jedoch erst in den 1990er-Jahren, als neue, softere Modelle den Markt eroberten.

Wie sehr prominente Frauen mit ihren Taschen Trends prägen, zeigen viele Beispiele: Grace Kelly etwa erhielt für den Hitchcock-Klassiker „Über den Dächern von Nizza“ eine Hermès-Tasche, nutzte sie auch privat und sorgte dafür, dass das Modell nach ihrem Namen zur berühmten Kelly Bag wurde.

Jane Birkin inspirierte 1984 den Hermès-Vorsitzenden Jean-Louis Dumas während eines gemeinsamen Fluges dazu, eine geräumigere Luxustasche zu entwerfen – die Birkin Bag war geboren.

„Beide Taschen – Birkin und Kelly – gibt es in verschiedensten Größen, Farben und Materialien,“ so Sveholm, „Besonders begehrt ist die Birkin Himalayan aus gebleichtem Krokodilleder, die auf Auktionen gut und gern zwei Millionen Euro erzielt, mit Diamantbesatz noch mehr.“

Margaret Thatcher, britische Premierministerin von 1979 bis 1990, nannte ihre Launer-Tasche einmal ihren „treuesten Begleiter“ – die klassischen schwarzen Taschen werden bis heute gern von Persönlichkeiten wie Queen Elizabeth II. getragen und sind fest im traditionellen britischen Stil verwurzelt.

Eine gute Anekdote: Jackie Kennedy Onassis nutzte in den 1970er- und 80er-Jahren häufig eine Satteltasche von Gucci, die schließlich zu Ehren der First Lady als „Jackie O.“ bekannt wurde. Tom Ford brachte 1999 eine aktualisierte Version auf den Markt, die 2020 von Alessandro Michele nochmals als „Jackie 1961“ reinterpretiert wurde.

Als Frankreichs Präsidentengattin Bernadette Chirac 1995 Prinzessin Diana eine gesteppte Dior-Tasche schenkte, war die Begeisterung so groß, dass das Modell 1996 als „Lady Dior“ in die Geschichte einging.

„Neue Ikonen entstehen ständig – etwa die Dionysos-Bag von Gucci, entworfen 2015 von Michele, oder die beliebte Marmont von 2016,“ verrät Sveholm.

Vintage-Taschen sind heute in jeder Preisklasse zu finden – von ein paar Hundert Euro bis zu mehreren Millionen.

„Wer auf Auktionen schaut, findet oft Schnäppchen. Idealerweise prüft man die Tasche vor Ort, fragt Experten und achtet auf den Zustand. Restaurierungen können teuer werden. Wer eine Alltagstasche für viele Jahre sucht, sollte auch hier auf Qualität achten,“ rät Emma Marie Huus-Thomsen, Modespezialistin bei Bruun Rasmussen.

Allgemein gilt beim Second-Hand-Kauf: Nur bei etablierten Anbietern mit echtem Fachpersonal kaufen und Rückgaberecht beachten. Informieren Sie sich vor einer Auktion ausführlich. Und: Wenn etwas zu schön scheint, um wahr zu sein, dann ist es das oft auch.

„Handtaschen sind Prestigeobjekte der Modehäuser. Sie stehen für das gesamte Markenimage und werden entsprechend sorgfältig entwickelt,“ unterstreicht Sveholm. „Achten Sie besonders bei teuren Modellen auf perfektes Material, Verarbeitung und kleine Details. Der Zustand sollte bei Luxusmodellen einwandfrei sein, idealerweise im ‚mint condition‘.“

In Deutschland dürfen Taschen aus exotischen Ledern wie Krokodil gehandelt werden – sofern sie von namhaften Häusern stammen und die CITES-Bestimmungen erfüllen. Für Handel und Import sind Zertifikate Pflicht. Ältere Krokodiltaschen sind heute kaum noch verkäuflich.

Wertvolle Handtaschen begleiten Sie ein Leben lang – vorausgesetzt, Sie pflegen sie richtig.

„Leder benötigt regelmäßige Pflege: Verwenden Sie Lederbalsam und ein weiches Baumwolltuch, und denken Sie ans Imprägnieren. Wildleder sollte mit einer Spezialbürste behandelt werden. Achtung bei Handcreme – sie kann Flecken verursachen“, empfiehlt Sveholm.

Teurere Modelle werden meist mit Dustbag geliefert – darin ist die Tasche vor Licht und Staub geschützt. Nach Regengüssen sorgfältig abtrocknen!

Und noch ein Tipp: „Lagern Sie die Tasche ausgestopft – zum Beispiel mit einem ausgedienten Bettlaken – damit sie ihre Form behält.“

Berühmte Taschenhersteller

Hermès. Gegründet 1837 von Thierry Hermès, steht die Marke für Luxus und Handwerkskunst. Kundenliste? Ein Who’s who: Das Herzogspaar von Windsor, Audrey Hepburn, Ingrid Bergman, Catherine Deneuve – um nur einige zu nennen.

Ikonen: Kelly Bag (1938) und Birkin Bag (1984).

Gucci. 1921 in Florenz von Guccio Gucci gegründet – von Beginn an auf exklusives Leder spezialisiert. Ab 1960 prägte das berühmte Doppel-G das Markenbild. Mit Tom Ford als Kreativdirektor wurde die Marke in den 1990ern weltberühmt.

Ikonen: Bamboo Bag mit Bambusgriff (1947) und Jackie (1961).

Louis Vuitton. Louis Vuitton startete Mitte des 19. Jahrhunderts mit Koffern und Etuis in Paris. 1886 erfand er das berühmte sicheres Schloss, und 1896 das ikonische Monogramm LV. 1997 übernahm Marc Jacobs die künstlerische Leitung.

Ikonen: Speedy (1930), Alma (1934), Neverfull (2007).

Fendi. Das 1925 in Rom gegründete Familienunternehmen von Adele und Edoardo Fendi ist bekannt für exklusive Taschen und Pelze. Mit Karl Lagerfeld als Creative Director gelang 1965 der internationale Durchbruch. Die Baguette kreierte Silvia Venturini Fendi ab 1992.

Ikonen: Baguette (1997), Peekaboo (2009).

Prada. 1913 eröffnete Mario Prada in Mailand das Label – Unter der Enkelin Miuccia Prada wurde ab den 1980er-Jahren das schwarze Nylon zur Mode-Sensation. Die erste hochkarätige Damenkollektion kam 1988 auf den Laufsteg.

Ikone: Galleria (2007).

Vorsicht vor Fälschungen

Hochpreisige Designertaschen wurden ab den 1980er- und 1990er-Jahren unverzichtbar für Modebewusste, wie Carolyn Asomes im Buch „Vogue Essentials: Handbags“ (2018) analysierte. Zwischen 2000 und 2005 stieg der Absatz gar um 146 Prozent.

„Die Preise für Vintage-Taschen orientieren sich am Neuverkauf – Chanel etwa erhöht die Preise oft zweimal jährlich; das zieht auch die Secondhand-Preise nach“, so Sveholm.

Wo viel Geld fließt, gibt es Fälschungen: Designer-Taschen sind ein Milliardengeschäft für Kopisten, oft mit Verbindung zur organisierten Kriminalität oder gar Terrorismusfinanzierung.

„Wer gezielt kauft, sollte sich gründlich über das Wunschmodell informieren. Was macht das Original aus? Birkin und Kelly werden handsigniert – Hersteller und Jahr sind eingraviert. Futter und Leder unterscheiden sich oft deutlich von der Kopie. Die Innenseite ist ein entscheidendes Detail. Minderwertige Kopien haben typischerweise ein loses Futter,“ erklärt Sveholm.

Emma Marie Huus-Thomsen rät, besonders auf Details wie Nähte, Reißverschlüsse, Materialien und Prägungen zu achten – das Bauchgefühl nicht zu vergessen.

„Am Ende überzeugt eine echte Luxustasche oft schon durch das Gesamtbild und wie sie verarbeitet ist.“

Ikonische Klassiker

Lady Dior My ABCDior Bag

Prinzessin Dianas Favoritin: mit Reißverschlussfach und zusätzlichem Steckfach, 20 x 18 cm. In Schweden wurde eine Tasche bei Bukowskis für etwa 1.800 Euro versteigert.

Hermès Kelly

Die wohl berühmteste Handtasche der Welt: Die Hermès Kelly Sellier 28 in schwarzem Leder, vergoldete Beschläge, abnehmbarer Trageriemen, drei Innenfächer, schwarzes Lederfutter und Vorhängeschloss – Maße: 21 x 28 x 11 cm, Zuschlag bei Bruun Rasmussen: rund 13.000 Euro.

Chanel Double Flap

Der zeitlose Klassiker aus gestepptem Leder: Die Double Flap von Chanel aus den Jahren 2009/10, silberfarbene Hardware, Rückenfach, CC-Drehverschluss, vier Innenfächer und bordeauxfarbenes Futter – 23 cm lang, erzielte 4.500 Euro bei Bruun Rasmussen.

Birkin 35

Das größte Modell der Hermès Birkin Reihe misst 35 cm, hier aus Courchevel-Leder mit vergoldeten Beschlägen und drei Fächern, Lederfutter und Vorhängeschloss mit Schlüssel. Versteigert für 10.000 Euro bei Bruun Rasmussen.

Prada Galleria Large

Im auffälligen Rosaton überzeugt Pradas Galleria Large aus Saffiano-Leder mit goldfarbenen Metalldetails. Die 36-cm-Tasche hat sechs Fächer, davon zwei mit Reißverschluss, sowie drei Innenfächer. Auf Bukowskis für rund 650 Euro verkauft.

Louis Vuitton Keepall

Louis Vuittons Bestseller: Keepall Bandouliere 45 aus Monogramm-Canvas, Karamell- und Cremefarben, goldene Hardware (2020). Mit Doppelreißverschluss und Innenfach, Größe: 45 x 27 x 20 cm. Sotheby’s Genf: 4.200 Euro.

Gucci Jackie

Ein Vintage-Exemplar der Jackie gab es schon für knapp 300 Euro auf Secondhand-Portalen wie Vestiaire Collective.

Fendi Baguette

Kultstatus dank „Sex and the City“: Die Baguette mit gehäkelten Pailletten misst 28 cm, verkauft für 4.100 Euro bei Bukowskis.

Gucci Marmont Velvet

Kräftig türkis: Guccis Marmont Velvet in gestepptem Samt und rosa Satinfutter, nummeriert und mit Innenfach, 26 x 15 cm, bei Bukowskis versteigert für 1.000 Euro.

Dionysos

Von Alessandro Michele für Gucci 2015 designt: Monogramm-Canvas trifft auf Wildleder, Metall- und Tigerkopfschließe, Maße: 16 x 28 x 8 cm. Zuschlag bei Stockholms Auktionsverk: 1.300 Euro.

Birkin 25 Blanc Matte Niloticus Crocodile Himalaya

Rekordhalter von Hermès: Die Blanc Matte Niloticus Crocodile Himalaya Birkin 25 mit Palladiumbeschlägen und Ziegenlederfutter erzielte trotz Kritik an exotischen Ledern bei Sotheby’s unglaubliche 220.000 Euro.

Loewe Puzzle Bag

Das spanische Modehaus Loewe schuf mit der 29-cm-Puzzle Bag in schwarzem und grauem Kalbsleder samt Messingdetails 2017 einen modernen Klassiker. Innen mit drei Fächern, versteigert bei Bukowskis 2018 für 730 Euro.

Goyard Saint Louis GM Tote Bag

Symbol für „Quiet Luxury“: Die französische Marke Goyard (seit 1792), bekannt für Goyardine – wasserdichter Canvas aus Hanf, Leinen und Baumwolle. Die Tote Bag wurde 2021 für etwa 1.000 Euro versteigert, Neupreis lag 2024 bereits bei 2.700 Euro.

Louis Vuitton Koffer

Koffer waren Louis Vuittons erste Produkte: Ein Exemplar mit typischer Patina, Monogramm-Canvas und Metallecken aus dem frühen 20. Jahrhundert, einst im Besitz der dänischen Gräfin Helle Krag-Juel-Vind-Frijs, erzielte 11.000 Euro bei Bukowskis 2019.

Louis Vuitton Alma

Die Ikone von 1934 – Louis Vuittons Alma aus Monogramm-Canvas mit Lederdetails, Innenfutter mit Steckfach und Schlüsselschloss, dazu eine Datumskennung (hier: Baujahr 1993), Maße 30 x 16 x 23 cm. Für gut 360 Euro bei Crafoords Auktion versteigert.