
In diesem Sommer gibt es ein Thema, das die Modewelt in Atem hält – und ja, es geht um Sandalen. Prada sorgt mit einem neuen Modell, das nicht nur durch sein Design, sondern auch durch seine Herkunft für aufgeheizte Diskussionen sorgt. Wir zeigen, warum diese Sandalen derzeit so viel Aufsehen erregen und was hinter dem Skandal steckt.
Das italienische Modehaus Prada ist in die Kritik geraten, nachdem es luxuriöse Sandalen auf den Markt gebracht hat, die auffallend den traditionellen, handgefertigten Kolhapuri-Sandalen aus Indien ähneln. Nach wachsendem öffentlichen Druck gibt Prada jetzt erstmals zu, dass das Design von indischem Kulturerbe inspiriert wurde – das berichtete jüngst das Branchenmagazin Business of Fashion.
Die umstrittenen Prada-Sandalen, die fast 1000 Euro kosten, wurden blitzschnell zum Thema – nicht zuletzt, weil sie fast identisch mit den sogenannten Kolhapuri Chappals aus der indischen Region Maharashtra sind, ein ikonisches Schuhwerk mit einer über 800-jährigen Geschichte. Zum Vergleich: Auf indischen Straßenmärkten kosten solche Original-Sandalen oft weniger als 150 Euro.
Wie der Prada-Skandal ins Rollen kam
„Schon wieder!“ kommentierte die norwegische Modejournalistin Ida Elise Eide Einarsdottir von KK.no mit Blick auf die wiederkehrende Debatte rund um kulturelle Aneignung in der Fashion-Industrie.

Ihr Standpunkt: Luxusmarken wie Prada sollten aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Kulturelle Aneignung bedeutet, dass Elemente aus Minderheitskulturen übernommen werden – häufig ohne entsprechende Anerkennung oder Wertschätzung. Im aktuellen Fall veröffentlichte Prada die Sandalen, ohne die Herkunft oder ihren Einfluss öffentlich zu machen. Der Vorwurf: Das Design wurde „genommen“ und als eigenes präsentiert.
Nachdem Social Media, indische Politiker und Handwerksbetriebe intervenierten, reagierte Prada offiziell und gab das kulturelle Vorbild der Schuhe zu.

„Wir bestätigen, dass unsere Sandalen von traditionellen indischen Handwerkskunst inspiriert sind, deren Erbe bereits Jahrhunderte umfasst“, schrieb Lorenzo Bertelli, Pradas Leiter für soziale Verantwortung, in einem Brief an die Handelskammer von Maharashtra.
„Ein Diebstahl am helllichten Tag“
Wie die „Times of India“ berichtete, wurde der Brief nach einer Aufforderung örtlicher Behörden geschickt. Diese verlangten nicht nur eine öffentliche Entschuldigung, sondern auch die klare Anerkennung des Ursprungs. Laut Medien arbeitet Prada nun an einem Dialog mit lokalen Handwerkern, um potenzielle Kooperationen zu diskutieren und den Respekt vor Handwerkstraditionen glaubhaft zu zeigen.

In den letzten Tagen nahm die Kritik weiter zu. Besonders deutlich äußerte sich Sambhajiraje Chhatrapati, ein Nachfahre des legendären Maratha-Kaisers Shivaji: Für ihn ist das Ganze „ein Diebstahl am helllichten Tag“. Der indische Politiker Sharad Pawar plädierte deshalb für einen besseren Patentschutz, um ähnliche Vorkommnisse langfristig zu verhindern.
Auch Stimmen aus der Handwerksszene fanden Gehör. Mehreren Produzenten der originalen Kolhapuri-Sandalen ist es nicht allein um Geld gegangen – sondern um Respekt für die jahrhundertealte Tradition und das handwerkliche Können.

Übrigens: Die Kolhapuri Chappals sind durch ihren geografischen Ursprung – einen sogenannten GI-Status (geografische Angabe) – besonders geschützt. Dieser Status soll sowohl die Produzenten als auch Konsumenten absichern. Deshalb gilt es als klarer ethischer Verstoß, wenn ein Weltkonzern ein beinahe identisches Produkt lanciert, ohne auf das kulturelle Erbe zu verweisen. Prada hat das Modell bislang nicht vom europäischen Markt zurückgezogen, zeigt sich aber künftig willens, „das reiche Handwerkerwissen zu ehren, das unsere Kollektionen inspiriert“, wie es im offiziellen Statement heißt.
Die Modewelt schaut gerade ganz genau hin. Wer also diesen Sommer in Berlin, Hamburg oder München neue Sandalentrends entdeckt, weiß jetzt etwas mehr über die Story dahinter – und kann beim nächsten After-Work in der Bar mit richtigem Wissen glänzen.
