Warum wir im Winter mehr essen – Psychologe erklärt es

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Sie wundern sich, warum die Waage im Februar öfter kichert als im Juli? Es liegt nicht nur am Adventsgebäck oder dem Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt. Hinter dem Winterhunger stecken biologisch verankerte Mechanismen, psychologische Muster und ein soziales Umfeld, das auf Kuschelfaktor programmiert ist. Ich erkläre, was wirklich passiert — knapp, praktisch und ohne moralische Belehrung.

Biologie: Licht, Hormone und Energiebedarf

Wenn die Tage kürzer werden, verändert sich unser Hormonhaushalt. Weniger Tageslicht bedeutet weniger Serotonin und mehr Melatonin — das macht träge und erhöht das Verlangen nach schnell verfügbaren Kohlenhydraten. Gleichzeitig sorgen Hormone wie Ghrelin (Hungerhormon) und Leptin (Sättigungshormon) dafür, dass das Hungergefühl stärker und die Sättigung verzögert empfunden wird.

Evolutionär gesehen brachte der Winter in Nordeuropa Zeiten knapper Ressourcen mit sich. Unser Körper neigt noch immer dazu, Kalorien zu speichern — eine Art biologisches Backup. Studien zeigen, dass viele Menschen im Winter durchschnittlich 0,5–1 kg zulegen — klein, aber kumulativ.

Psychologie: Komfort, Stimmungen und Belohnung

Emotionen spielen eine große Rolle. Kälte, Dunkelheit und Isolation erhöhen Stress und das Bedürfnis nach Trost. Komfortessen — warme Suppen, Kartoffelgerichte, deftige Eintöpfe — liefert nicht nur Kalorien, sondern auch vertraute Sinneseindrücke, die kurzfristig beruhigen.

Hinzu kommt die Belohnungskultur: Feierlichkeiten, Weihnachtsfeiern und das Angebot an Süßem in Supermärkten wie Aldi, Lidl oder Rewe erhöhen Gelegenheiten zum Naschen. Man isst nicht nur, weil man Hunger hat, sondern weil es Teil des sozialen Rituals ist.

Soziale und kulturelle Faktoren

Weihnachtsmärkte, Glühwein-Runden und Familienessen sind kulturelle Trigger. In Städten wie Berlin oder München werden deutlich mehr Gelegenheiten zum gemeinsamen Schlemmen angeboten. Regionales Essen — vom Schwarzwaldbraten bis zur norddeutschen Grünkohltradition — trägt zur saisonalen Esskultur bei.

Praktische Schritte: Wie Sie den Winterhunger zähmen — ohne Verzichtsdruck

  • Licht nutzen: Morgenspaziergänge oder eine Tageslichtlampe verbessern die Stimmung und stabilisieren den Serotoninspiegel.
  • Struktur statt Verbote: Drei ausgewogene Mahlzeiten plus ein geplanter Genuss am Abend reduzieren spontane Heißhungerattacken.
  • Proteinreich starten: Ein Frühstück mit Eiern, Quark oder Haferflocken sättigt länger als süße Varianten.
  • Warme, ballaststoffreiche Speisen: Linsen-, Bohnen- oder Gemüseeintöpfe füllen den Magen und sind günstig bei Discountern wie Lidl oder auf dem Wochenmarkt.
  • Gewürze statt Zucker: Zimt, Ingwer oder Kurkuma geben Wärme ohne zusätzliche Kalorien und sättigen geschmacklich.
  • Bewusst genießen: Reduzieren Sie Ablenkungen beim Essen (TV, Smartphone). Wer langsamer isst, merkt schneller, wann Sättigung einsetzt.
  • Bewegung einplanen: Kein Marathon nötig — regelmäßige Spaziergänge, Fahrrad zur Arbeit oder ein Yoga-Kurs reichen, um den Stoffwechsel zu stabilisieren.

Konkretes Beispiel: Ein einfacher Winterplan

Morgens: Haferbrei mit Apfel und Nüssen. Mittag: Linseneintopf mit Vollkornbrot. Nachmittag: Handvoll Nüsse oder ein Stück Obst. Abend: Ofengemüse mit Quarkdip. Ein geplanter „Genuss-Moment“ am Wochenende (z. B. ein Stück Stollen auf dem Weihnachtsmarkt) hält die Motivation hoch.

Ein überraschender Fakt

Interessant: Wärme und Sättigung hängen zusammen. Studien zeigen, dass warme Speisen und Getränke das Sättigungsgefühl stärker erhöhen als kalte — ein einfacher Hebel in der kalten Jahreszeit.

Fazit

Mehr essen im Winter ist also kein persönliches Versagen, sondern das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels aus Hormonen, Gefühlen und Kultur. Sie können dem Phänomen mit einfachem, nachhaltigem Handwerkszeug begegnen — Licht, Struktur, sättigende Rezepte und bewusste Genüsse.

Probieren Sie eine der Empfehlungen diese Woche aus und berichten Sie, was bei Ihnen am besten wirkt. Teilen Sie gerne Ihre winterlichen Lieblingsrezepte oder fragen Sie nach einem konkreten Plan — ich antworte.