Sie waren die Marke, deren Jeans jeder haben wollte. Doch Gul & Blå war weit mehr als nur ein Modegeschäft – es war ein Lifestyle. Wir erzählen Ihnen, wie aus einer kühnen Idee in Stockholm die Kultjeans der 70er und 80er wurden, die heute noch nachklingen.
Wir schreiben das Jahr 1966. Lars Johan Knutsson, damals noch frischgebackener Diplom-Volkswirt, streift durch die Straßen Londons. Zwischen den trendigen Läden auf der berühmten Carnaby Street kommt ihm ein Geistesblitz, der sein Leben für immer verändern wird.
„Ich war damals unzufrieden, hing irgendwie fest“, erzählte Lars später der „Aftonbladet“. „Doch als ich nach London kam und die neuen Modestile mit eigenen Augen sah – Jungs mit langen Haaren und coolen Klamotten – wusste ich sofort: Das ist frisch. Das will ich nach Stockholm bringen.“
Zurück in Schweden eröffnet Lars mit seiner Frau Martina ein eigenes Geschäft, inspiriert von Londons Boutiquen. Die erste Filiale in der Birger Jarlspassagen liegt strategisch zwischen Innenstadt und Östermalm – einer Gegend, die bis heute für ihren kreativen Puls bekannt ist. Am 17. Oktober 1966 öffnet Gul & Blå zum ersten Mal seine Türen. Schon am ersten Tag stehen die Leute Schlange. Das Konzept? Nicht nur Mode, sondern ein Lebensgefühl zu verkaufen.
Martina und Lars haben zwei Kinder, unter ihnen Filippa, die später mit „Filippa K“ selbst eine Marke schafft. Nach zwei Jahren trennen sich die beiden, Lars heiratet die gebürtige Italienerin und Designerin Mariagrazia „Maria“ Lopez. Sie wird für Gul & Blå zur Geheimwaffe.
„Anfangs importierte Gul & Blå nur Mode von der Carnaby Street“, erinnert sich Maria Knutsson. „Doch bald wurde die Mode aus London zu schrill und beliebig. Wir spürten – jetzt ist es Zeit, unsere eigenen Designs zu verwirklichen. Genau da stieg ich ein.“
Die Geburt der V-Jeans: Ein schwedischer Denim-Traum
Mit Maria an Bord entstehen Stücke, die Gul & Blå unsterblich machen: Selbst designte Jeans, zuerst die legendäre „V-JEANS“, danach die tief geschnittenen TT-Hosen.
Die Modelle teilen sich Namen mit US-Ikonen: „Marilyn“, „Elvis“, „Blondie“, „Fonzie“ und andere. Allen gemein? Sie sitzen so eng, dass viele Fans auf dem Umkleidekabinen-Boden lagen, damit sie überhaupt passten. Zu Hause zogen sie die Jeans im nassen Zustand an, um den perfekten Sitz zu erzielen – nicht unbedingt bequem, aber absolut angesagt.
Vor allem junge Leute pilgerten aus allen Ecken Schwedens nach Stockholm, um die begehrten Hosen zu ergattern. An Spitzentagen verkaufte Gul & Blå bis zu 1.000 Jeans – und expandierte stetig. 1983 gab es bereits 12 Filialen im Land, der Umsatz kletterte auf beinahe 100 Millionen Kronen. Selbst schwedische Musikstars wie Tommy Körberg trugen die Kultmarke.
Gul & Blå hält sich durch die 1970er und 80er im Rampenlicht, doch in den 90ern wird das Geschäft schwieriger. Hinzu kommt: Lars, der Gründer, wird schwer krank.
Maria Knutsson fasst es rückblickend treffend zusammen: „Die ersten zehn Jahre waren fantastisch, die nächsten zehn immerhin spaßig – die letzten zehn ziemlich mühsam. Das Franchising brachte neue Herausforderungen, mit denen wir schlicht zu kämpfen hatten.“
1995 verkauft Lars schließlich die letzte Filiale. Später trennen sich Lars und Maria – Lars gründet das Seminarzentrum Baravara, inspiriert vom indischen Osho, am Rande von Dalarna.
Und dennoch: Beide erinnern sich an Gul & Blå heute mit einem warmen Lächeln.
„Wir haben in unserer eigenen Welt gespielt“, sagt Maria. „Ehrgeizig, professionell – und mit ganz viel Herz.“